Forschungsergebnisse zum Schmerzmitteleinsatz im Spitzenhandball
07.11.2024
Forschungsergebnisse zum Schmerzmitteleinsatz im Spitzenhandball
Der Gebrauch von Schmerzmitteln im Sport ist ein wichtiges und häufig diskutiertes Thema. Athleten stehen oft unter einem enormen Leistungsdruck, auch bei Schmerzen oder Verletzungen aktiv zu bleiben. Schmerzmittel können dabei kurzfristig helfen, die Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten, ihr übermäßiger und unsachgemäßer Gebrauch birgt jedoch zahlreiche gesundheitliche Risiken.
Im BISp-geförderten Projekt „Figurationen des Schmerzmitteleinsatzes im Spitzenhandball – Regulierungsmuster und Interdependenzgeflechte (Fidelis-Studie)“, durchgeführt unter der Leitung von Dr. Jannika John (Universität Tübingen) und Prof. Dr. Ansgar Thiel (zum Zeitpunkt der Projektdurchführung: Universität Tübingen) wurde das Wissen von Handballspielerinnen und Handballspielern über die Nebenwirkungen von Schmerzmitteln sowie die Einflussfaktoren auf deren Anwendung untersucht.
Das Forschungsprojekt beinhaltete einen qualitativen und einen quantitativen Untersuchungsteil: Im qualitativen Teil wurden aktive Nationalspielerinnen und Nationalspieler sowie Umfeldakteure interviewt (n=44). An der quantitativen Befragung nahmen 1404 Handballerinnen und Handballer teil.
Ausgewählte Ergebnisse der Studie:
• Insgesamt 71 % der Spielerinnen bzw. Spielern gaben an, bereits Schmerzmittel im Zusammenhang mit dem Sport eingenommen zu haben. Besonders im Seniorenbereich ist der Schmerzmittelkonsum verbreitet, was darauf hindeutet, dass der Kontakt zu Schmerzmitteln mit zunehmendem Alter steigt. Durchschnittlich wurden Schmerzmittel bei jedem fünften Spiel und jedem zehnten Training konsumiert, wobei Männer, ältere Spieler, Vertragsspieler und Rotationsspieler häufiger Schmerzmittel einnahmen als ihre jeweiligen Gegenstücke.
• Etwa ein Viertel der Handballerinnen und Handballer gaben an gelegentlich Schmerzmittel einzunehmen, um die eigene Leistung zu steigern.
Ausgewählte Praxisableitungen:
• Trainerinnen und Trainer können eine wichtige Rolle im Umgang mit Schmerzmitteln spielen. Es wird daher als wichtig angesehen, Trainerinnen und Trainer gezielt zu schulen und dafür zu sensibilisieren, dass sie alternative Wege zur Schmerzlinderung unterstützen und fördern.
• Transfermaßnahmen, die die Handballerinnen und Handballer unterstützen sollen, können gezielt auf die in der Analyse identifizierten Hochrisikogruppen zugeschnitten werden.
• Die Selbstmedikation der Handballerinnen und Handballer sollte thematisiert werden, da diese von den Umfeldakteuren grundlegend unterschätzt zu werden scheint. Da die zumeist eingenommenen Schmerzmittel in Apotheken für die Spielerinnen und Spieler frei verfügbar sind, erscheint die Informationsverbreitung über Risiken und Nebenwirkungen durch Ärztinnen und Ärzte sowie Trainerinnen und Trainer besonders wichtig.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Thematik des Schmerzmittelkonsums im Handball komplex ist und umfassende Aufklärungs- und Präventionsstrategien erfordert. Die vorliegende Studie zeigt, dass es einen Bedarf an Informationen über die Risiken und Nebenwirkungen von Schmerzmitteln gibt, sowohl für die Spielerinnen und Spieler als auch für das Umfeld. Eine verstärkte Einbindung von Trainerinnen und Trainern sowie Ärztinnen und Ärzten in den Entscheidungsprozess kann helfen, einen nachhaltigeren und verantwortungsbewussteren Umgang mit Schmerzmitteln zu entwickeln. Letztlich sollten der Gesundheitsschutz und die langfristige Leistungsfähigkeit der Sportlerinnen und Sportler in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt werden. Durch gezielte Aufklärung und eine offene Diskussion über Schmerz und Schmerzmanagement könnte eine positive Veränderung von eingeübtem Verhalten erreicht werden.
Projektkenndaten
Das Forschungsprojekt wurde in enger Kooperation mit dem Deutschen Handballbund e.V. durchgeführt.
Projektteam:
Dr. Jannika John & Prof. Dr. Ansgar Thiel (Projektleitung), Jan Bursik, Anna Reußner, Prof. Dr. Christof Burgstahler, Prof. Dr. Felix Kühnle, Prof. Dr. Jochen Mayer
Zeitraum:
01.04.2021-31.03.2024
Weiterführende Informationen zum Projekt:
• John, J.M., Bursik, J., Burgstahler, C., Büsch, D., Kühnle, F., Luig, P., Mayer, J., Reußner, A., & Thiel, A. (2023). Prevalence of sport-related analgesic use in elite German handball players. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 74(5), 168-174. doi:10.5960/dzsm.2023.568
• Bursik, J., John, J.M., Mayer, J., Thiel, A., & Kühnle, F. (2024). Risk profiles for self-medication with analgesics among elite German handball players. International Review for the Sociology of Sport. https://doi.org/10.1177/10126902241280156 https://www.bisp-surf.de/Record/PR020201200280
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